Pater Anselm Grün zu Gast beim Brühler Gesundheitsforum

„Mit den inneren Quellen der Selbstheilung in Berührung bringen"

Die renovierte Brühler Festhalle war mit über 500 Besuchern bis auf den letzten Platz besetzt, als der bekannte Pater Anselm Grün auf Einladung des Brühler Gesundheitsforums zu Gast war. Der Benediktiner ist mit über 300 Büchern und einer Auflage von mehr als 14 Millionen einer der erfolgreichsten spirituellen Autoren unserer Zeit. Neben der Theologie hat er auch Psychologie und Betriebswirtschaft studiert und ist der wirtschaftliche Leiter der Abtei Münsterschwarzach.

Nach der herzlichen Begrüßung durch Bürgermeister Dr. Ralf Göck zeigte sich, dass der engagierte Pater auch Tiefgründiges über die Gesundheit zu sagen hat, denn das Brühler Gesundheitsforum hatte ihn gebeten, über das Thema "Gesundheit - Stille - Spiritualität" zu sprechen. Göck hatte eingangs darauf hingewiesen, dass Brühl vielfältige, wohnungsnahe Gesundheitsdienstleistungen zu bieten habe, sich jedoch auch der Vorsorge, ja dem Prinzip der Gesunderhaltung verpflichtet fühle "und da gehört das "Seelische" ganz bestimmt dazu".

Pater Anselm Grün begann seine Ausführungen mit den antiken griechischen Ärzten, die ihre Aufgabe darin sahen, die Kunst des gesunden Lebens zu lehren. Im Lukas-Evangelium sei auch Christus als göttlicher Arzt bezeichnet worden, der die Menschen von ihrer tiefsten Wunde heile, der Angst vor dem Tod. Viele neurotische Erkrankungen seien nach Auffassung von zeitgenössischen Psychologen ein Verdrängen dieser Todesangst.

Danach kam Pater Anselm darauf zu sprechen, wie heilsam Zeiten der Stille sein können. Einmal sei Schweigen ein Raum für ehrliche Selbstbegegnung ohne zu bewerten. Es werden die Emotionen angeschaut, dann vor Gott hingehalten. Danach könnten sie sich wandeln. Die Ruhelosigkeit mancher Menschen sei ein Davonlaufen vor den eigenen Schuldgefühlen. "Jeder sehnt sich nach Ruhe. Aber wir finden nur Ruhe, wenn wir die eigene Wahrheit anschauen können und Gott hinhalten." Die zweite Bedeutung sei das Loslassen, das freiwerden von Gedanken, aber nicht deren Loswerden. "Man kann nur loslassen, was man angenommen hat. Ich schaue die Gefühle an, ich beobachte sie. Ich habe Ärger, aber ich bin nicht der Ärger. Dieses beobachtende Selbst ist heil und ganz", so Pater Anselm Grün.

Dann werde das Einswerden mit Gott möglich, indem ein Raum der Stille in sich selbst entdeckt werde, der schon immer da sei: "Ich bin frei von den Erwartungen und Meinungen der Menschen über mich. Frei zu sein ist eine wesentliche Voraussetzung für Gesundheit... Und in diesem inneren Grund bin ich heil und ganz... Hier können verletzende Worte nicht eindringen. Selbst die tiefsten Verletzungen der Kindheit können diesen innersten Kern nicht zerstören" Auch seien wir in diesem Raum ursprünglich und authentisch. Jeder Mensch sei ein einmaliges Bild Gottes, so fuhr Pater Anselm Grün fort. Dieses Bild könnten wir nicht benennen, es sei jenseits der Bilder. Oft stimme die Wirklichkeit nicht mit unseren Erwartungen überein. Depressionen seien auch ein Hilfeschrei der Seele vor den übertriebenen Bildern von uns selbst.

Das weit verbreitete Phänomen des "Burnout" hätten Menschen auch daher, weil sie Erwartungen anderer erfüllen wollten, die sie aussaugten. Sie lebten an sich selber vorbei. In dem Raum der inneren Stille seien wir auch rein und klar, ohne Schuld. "Und dort wo das Geheimnis Gottes in uns wohne können wir bei uns selbst daheim sein", so der Berater vieler Führungskräfte. Dies sei etwas ganz Wesentliches für Gesundheit.

Ein Weg in diesen heilsamen Raum der Stille sei die Meditation. Dabei sei Meditation nicht etwas Fernöstliches, so Pater Anselm, denn schon die frühen Mönche hätten seit dem 3. Jahrhundert meditiert: "Ich lasse mich vom Atem in die Mitte führen, in den inneren Raum der Stille." Meditation finde sich in allen Kulturen und Traditionen, so Anselm Grün weiter.

Die Stille sei ein Aspekt von Spiritualität, die Leben aus dem Geist bedeute und etwas sehr Therapeutisches sei. Sehr hilfreich seien tägliche Rituale. Diese schafften einen "heiligen Ort und eine heilige Zeit". Auch mit unseren Wurzeln, unseren Vorfahren, könnten uns solche Rituale verbinden.

Die Feste des Kirchenjahres seien ein weiterer Aspekt von Spiritualität. "Die Fastenzeit ist nicht dazu da, dass wir es uns schwer machen. Fastenzeit ist eine heilsame Zeit. Die Fastenzeit reinigt körperlich und geistig." Und zur kommenden Passionszeit stellte Pater Anselm Grün fest: "Sie will uns stärken, damit wir das Leid auch anschauen. Nur der Mensch, der sich dem Leid auch stellt, kann wirklich gesund sein."

Die Gleichnisse der Bibel könne man auch eine therapeutische Gesprächsmethode Jesu nennen. Dies zeigte Pater Anselm Grün anhand des Gleichnisses vom Richter und der Frau. Es war spannend zu hören, wie er eine Beziehung zum Problem des inneren Richters herstellte. Sigmund Freud spreche hier vom Über-Ich. Das Gebet sehe er als Begegnung, einen Weg nach innen, einen Weg in den Raum, wo der innere Richter entmachtet wird. Hier bekomme die Seele recht.

Pater Anselm Grün war es an diesem Abend ein Anliegen mit den inneren Quellen der Selbstheilung in Berührung zu bringen, den Orten, wo die Seele genau weiß, was sie braucht. Am Ende seines Vortrages rief er dazu auf, Stille zu genießen und zitierte Kierkegaard: "Wenn ich Arzt wäre, würde ich sagen: schafft Schweigen."

Nach dem Vortrag gab es Gelegenheit für Fragen aus der Zuhörerschaft, die der engagierte Pater auf beeindruckende Weise beantwortete.

Abschließend leitete der Geistliche ein sehr schönes Ritual der Stille mit seinen 500 Zuhörern. Die Kreuzgebärde, eine Gebärde der Umarmung helfe bei der Annahme der eigenen Gegensätzlichkeit: "Ich umarme mich mit meinen Gegensätzen, mit dem Heilen und dem Zerbrochenen...". Für einen Moment herrschte in der großen Festhalle eine heilende Stille und viele konnten ihren innersten Raum wahrnehmen über den zuvor nur gesprochen wurde.

Der Brühler Internist Dr. Axel Sutter bedankte sich im Namen des Brühler Gesundheitsforums und der begeisterten Zuhörer und überreichte ein Präsent mit anhängendem Autogramm von Steffi Graf. Das Publikum hörte gerne von Dr. Sutter, dass weitere Veranstaltungen des Brühler Gesundheitsforums im Herbst und im kommenden Frühjahr geplant sind.

Frühjahr 2014


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